Archäologische Untersuchungen zum Pferd in der frühen und mittleren Bronzezeit Zentraleuropas

Die Studie "Archäologische Untersuchungen zum Pferd in der frühen und mittleren Bronzezeit Zentraleuropas" geht den Anfängen der besonderen Beziehung zwischen Menschen und Hauspferden in Zentraleuropa aus archäologischer Perspektive auf den Grund und untersucht dabei die gesellschaftlichen, ökonomischen und soziokulturellen Veränderungen, die aus Pferdehaltung und Pferdenutzung und den damit verbundenen gesellschaftlichen Vorstellungen folgten. Auf einer weiteren Ebene beschäftigt sich die Untersuchung mit der Forschungsgeschichte dieses mit bestimmten Prämissen aufgeladenen Themas sowie dem theoretischen und methodischen Umgang mit archäologischen Quellen. Dabei werden zahlreiche Forschungskontroversen beleuchtet und auf Grundlage des untersuchten Materials neu bewertet. Die Studie legt zunächst eine umfassende Bestandsaufnahme der Quellen zu frühbronzezeitlichen und mittelbronzezeitlichen Pferden [2200-1300 v.Chr.] zwischen Südskandinavien und den Karpaten vor und analysiert deren Aussagekraft, wobei Lücken im Quellenbild betont offengelegt werden. Anhand von archäozoologischen Resten, Realien, die auf die Nutzung von Pferden hinweisen und Bildern von Pferden sowie pferdebezogenen Artefakten, wie etwa Speichenrädern, werden Hauspferde, ihre früheste Haltung, Nutzung und ihre gesellschaftlichen Zuschreibungen untersucht. Im Analyseteil der Studie wird zunächst der praktische Bereich der bronzezeitlichen Pferdehaltung untersucht, der bislang ein Forschungsdesiderat darstellt. Außerdem wird die Nutzung von Equiden anhand von drei Themenbereichen betrachtet: Pferde als Nahrungsmittel und Rohstoffe, Pferde und Mobilität sowie Pferde und Krieg. Schließlich werden soziale Zuschreibungen zu Hauspferden untersucht und zwar anhand der Frage nach Pferden als Prestigeobjekte sowie Pferden in religiösen Kontexten. Insbesondere im Zusammenhang mit der Nutzung und den Zuschreibungen zu Pferden können einige lange kontrovers diskutierte Thesen kritisch überprüft werden, wie etwa die die Frage nach dem frühen Reiten auf Pferden [und häufig damit verbundenen Annahmen, wie der Verbreitung von Sachgut und Sprache durch umfassende Migrationen zu Pferd], ebenso wie die vermeintlich große Bedeutung von Pferden innerhalb früh- und mittelbronzezeitlicher Konflikte und als Tiere postulierter Eliten in der Bronzezeit. An vielen Stellen der Studie wird deutlich, dass zahlreichen Interpretationen im Zusammenhang mit Pferden ähnliche Mechanismen zugrunde zu liegen: Einerseits spielen Rückprojektionen aus späteren Zeiten eine Rolle, andererseits orientieren sich Teile der Forschung an bestimmten vorgefertigten Narrativen. Zu diesem einseitigen Blick auf die Vergangenheit möchte die vorliegende Untersuchung einen Gegenentwurf vorlegen. Insgesamt bietet das Buch einen umfassenden Einblick in Bereiche der wirtschaftlichen, soziokulturellen, profanen und religiösen Rolle von Pferden in der frühen und mittleren Bronzezeit in Zentraleuropa.