Fertigungs- und prozessbedingte Eigenschaften von Klebverbindungen im Karosseriebau

In der Automobilindustrie werden zur Reduzierung der CO2-Emissionen vermehrt Leichtbaukonzepte eingesetzt. Unter anderem führen diese Konzepte zukünftig zu einer Reduzierung der Blechdicken im Anbauteilesektor sowie zu einem vermehrten Einsatz unterschiedlicher Werkstoffe in Mischbauweise in der Gesamtkarosserie. Die derzeit im Karosseriebau verwendeten warmhärtenden einkomponentigen (1K-) Klebstoffsysteme stoßen aufgrund ihrer Reaktionskinetik und ihrer geringen Warmfestigkeit im Fertigungsprozess bei diesen zukünftigen Konzepten jedoch an ihre Grenzen. Während des Trocknungsprozesses der kathodischen Tauchlackierung (KTL) können daher Bauteilrelativverschiebungen und -verzüge auftreten, die zu einer Gleitungsbeanspruchung der Klebschicht führen. In dieser Arbeit werden aufbauend auf dem Stand der Forschung und Technik Epoxidharzklebstoffe hinsichtlich ihres Einsatzpotenzials für zukünftige Leicht- und Mischbaubaukonzepte untersucht und bewertet. Es werden dabei zwei klebtechnische Ansätze betrachtet. Auf der einen Seite wird das Potenzial von zweikomponentigen (2K-) Klebstoffsystemen in Kombination mit einer induktiven Vorhärtung zur Reduzierung von Relativverschiebungen und Bauteilverzügen bei Anbauteilen ermittelt. Auf der anderen Seite wird der Einfluss der im KTL-Trocknungsprozess auftretenden Verschiebungen, die beim Kleben von Bauteilen in Mischbauweise infolge der unterschiedlichen Wärmeausdehnungskoeffizienten auftreten (wenn sie zugelassen werden), auf die Klebverbindungseigenschaften untersucht. Bei beiden Ansätzen werden zunächst die wesentlichen Zusammenhänge, die zwischen den Fertigungs- und Prozessbedingungen sowie den Klebstoff- und Klebverbindungseigenschaften bestehen, erarbeitet. Im Bereich der 2K-Klebstoffe steht der Einfluss der Härtungshistorie und des Kontaminationsgrades im Mittelpunkt. Im Rahmen der Untersuchungen zum Einfluss von Relativverschiebungen werden zunächst die Auswirkungen der Höhe und des Zeitpunkts der Gleitungsbeanspruchung betrachtet. Anschließend wird der Einfluss der Klebstoffeigenschaften auf die Toleranz gegenüber Gleitungsbeanspruchungen anhand von modifizierten Klebstoffen ermittelt und bewertet. Aufbauend auf den Ergebnissen dieser Untersuchungen werden Prozessfenster erarbeitet, die einen prozesssicheren Einsatz der beiden Klebtechnologien ermöglichen. Abschließend werden die im Rahmen der Laboruntersuchungen gewonnenen Erkenntnisse anhand von bauteilähnlichen Prüfkörpern und Fahrzeugversuchen verifiziert. Die vorliegende Arbeit leistet einen umfassenden Beitrag zur Entwicklung und Qualifizierung von Klebkonzepten für zukünftige Leicht- und Mischbauweisen.