Gegen den Unverstand

"Blödem Volke unverständlich" - mit diesen Worten beginnt das Gedicht über den "Galgenberg", das Christian Morgenstern an den Anfang seiner "Galgenlieder" gestellt hat. Die Sprachspielereien sind in Albert Einsteins Wunderjahr 1905 erschienen und somit in den Zeiten erst entstanden und dann gelesen worden, in denen der weltberühmte Physiker zunächst "das Licht verdreht" hat, wie es der "Versuch einer Einleitung" zu den surrealen Versen von Morgenstern nennt, um bald darauf dasselbe mit dem Kosmos zu unternehmen und ihm eine gekrümmte Geometrie mit galaktischer Kraftwirkung zu verpassen. In der Tat bringt die Wissenschaft der Physik in diesen Tagen der Galgenlieder unabhängig von allen technischen Erfolgen etwa bei der Elektrifizierung der Haushalte vor allem Unverständliches wie Einsteins vierdimensionale Raumzeit, Unbegreifliches wie die absolute Grenze der Lichtgeschwindigkeit, Unvorstellbares wie unstetige Quantensprünge, Unfassbares wie die unsichtbaren Röntgenstrahlung und Unheimliches wie das Leuchten zerfallender radioaktiver Elemente hervor. Es wirkt dabei von Anfang an beängstigend, dass eine den Sinnen unzugänglich bleibende und den auf Wahrnehmung angewiesenen Menschen offenbar nicht zugedachte Wirklichkeit in ihrem Leben und dem der Gesellschaft eine große Rolle zu spielen beginnt und sie äußerlich betrifft und im Alltag mitreißt, ohne die Betroffenen zugleich innerlich anzusprechen oder gar zu erreichen. Dabei entsteht in vielen Menschen ein Gefühl, das sich in die Worte fassen lässt, "Ich verstehe die Welt nicht mehr!" Und das ist ein Problem, das bis in die Gegenwart reicht und immer mehr Mühe macht.

Die Menschen leben zwar gut und gerne von der Naturwissenschaft und ihren technischen Früchten, aber sie wissen nicht viel von ihr und ihren Hervorbringungen, die sie genießen und nutzen, und sie beherbergen diese Macht wie einen geheimnisvollen Gott, der seine Arbeit verrichten darf, ihnen dabei aber nur ja nicht zu nahe kommen soll. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass viele Menschen nicht nur nichts von Disziplinen wie Physik, Chemie oder Biologie wissen, sie wollen auch gar nichts von ihnen hören oder gar verstehen. Ihnen reichen leichtfertige Schlagworte wie die von Schwarzen Löchern oder einer Dunkelenergie oder bequeme Behauptungen über die angebliche Entschlüsselung der Gene. Wenn man mit ihnen darüber sprechen will und sich zum Beispiel erkundigt, wer die angeblich entschlüsselten Gene vorher auf welche Weise verschlüsselt habe und ob man Schwarze Löcher oder Dunkelmaterie sehen kann, wehren sie diese Fragen rasch ab und sagen schulterzuckend, "Das versteh¿ ich doch nicht!"